Troisdorfer Bilderbuchpreis 2021
Der Troisdorfer Bilderbuchpreis, der in diesem Jahr zum 23. Mal verliehen wird, geht an Nele Brönner für ihre Illustrationen zum Buch „Frosch will auch“ (Tulipan Verlag, 2020). Den zweiten Preis vergab die Jury an die Illustratorin Tatia Nadareischwili für „Tina hat Mut“ (Baobab Books, 2020). Der dritte Preis wurde schließlich an die Illustratorin Lena Hesse für ihr Buch „Hallo, ist hier hinten? Warteschlangengeschichten“ (Nilpferd, 2020) vergeben. Die unabhängige Kinderjury, die sich aus Drittklässlern Troisdorfer Grundschulen zusammensetzte, wählte als ihren Favoriten das Buch „Activists“ von Patricia Thoma (Jacoby & Stuart, 2020). Ein Förderpreis wurde in diesem Jahr nicht vergeben.
Der Troisdorfer Bilderbuchpreis ist der einzige Spezialpreis für künstlerische Bilderbuchgestaltung im deutschsprachigen Raum. Die diesjährige Jury, die am 20. Mai 2021 zusammentraf, setzte sich aus der Fachjournalistin, Referentin und Autorin Antje Ehmann, der Programmleiterin des Kölner Jungen Literaturhauses Ines Dettmann sowie der Leiterin des Bilderbuchmuseums Troisdorf Pauline Liesen zusammen. Eine beratende Stimme hatte Dietlind Keutmann von der Stiftung Alsleben.
Die Jury entschied einstimmig, der in Berlin lebenden Illustratorin Nele Brönner den ersten Preis zuzuerkennen. Nele Brönner zeichnete mit farbiger und schwarzer Tusche, feinen Pinseln und Buntstiften und verband schließlich Analoges mit Digitalem. Im Ergebnis entstand eine ganz eigene Welt, bevölkert mit kleinen Tieren in einem verwilderten Garten. In ihm versammeln sich Salamander, Feldmaus oder Maulwurf zu einem wichtigen Ereignis. So hat Igel zum Kostümball eingeladen – alle, nur Frosch nicht, der grundlos außen vor bleibt. Nach anfänglicher Enttäuschung greift Frosch zur Eigeninitiative: Ohne Einladung geht er zum Ball – im schönsten Kaktus-Kostüm des Abends.
Mit ihren Illustrationen nimmt Nele Brönner einfühlsam Anteil an Froschs Enttäuschung, zeigt aber auch mit viel Bildwitz den Wandel der Geschichte. Letztendlich ist es ausgerecht Igel, der den Frosch wegen seines Kostüms lobt, und damit die Freundschaft neu beschließt, die durch das Gefühl anfänglicher Ausgrenzung „ernsthaft“ gefährdet war.
Stilistisch und inhaltlich völlig anders arbeitet die Illustratorin Tatia Nadareischwili, die aus Georgien stammt. Ihr Preisträger-Buch „Tina hat Mut“ zeigt sich durchgehend in einem eher minimalistischen Setting. So wird mit dezenten Linien und wenigen Farben ein Stelzenhaus am Rande eines Bambushains entworfen und damit auf Georgien, das Land der eigenen Kindheit, angespielt. Tatsächlich sind es viele Erinnerungen an frühere Zeiten, die die Illustratorin in ihrem Bilderbuch spiegelt. Das Buch selbst handelt von einem Mädchen namens Tina, das in Begleitung ihres Hundes den dunklen Bambuswald durchquert, vor dem sie sich eigentlich fürchtet. Den Weg weist ihr anfangs ein Kreisel, den ihr der Vater vor seiner Abreise schenkte. Indem sie weiteren Zeichen, die im Wald verborgen sind, folgt, trifft sie schließlich auf den Jungen Kosta, mit dem sie umgehend Freundschaft schließt. Damit wird der Entdecker-Mut Tinas reich belohnt: Die neue Freundschaft war es wert, sich ein Herz zu nehmen und neues, unbekanntes Terrain zu durchqueren.
Von „Warteschlangengeschichten“, die uns spätestens seit der Corona-Pandemie äußert vertraut sind, handelt das dritte Preisträgerbuch des Troisdorfer Bilderbuchpreises. Dabei zielt das Bilderbuch von Lena Hesse mit dem Titel „Hallo, ist hier hinten?“ nicht auf Corona-Erfahrungen. Vielmehr spiegelt die Illustratorin eine ganz normale Situation im Sommer: Eine Warteschlange vor einem Eiswagen, die vor allem in Berlin (hier lebt die Illustratorin) und nach KiTa-Schluss entsetzlich lang zu sein scheint. Reale Situationen, die sich in solchen Warteschlangen ergeben, waren Auslöser für das jetzt vorliegende Bilderbuch, in dem sich Freunde, Nachbarn und Familienmitglieder von Lena Hesse in der Schlange der Wartenden einreihen. Die Wartenden reden miteinander, geben sich Zeichen, interagieren – oder stehen nur für sich. Wie die Gesprächsfäden verlaufen, erfährt der Betrachter, indem er immer wieder im Buch vor- und zurückblättert. Damit wird eine Erzählebene bedient, die ausschließlich im Buch funktioniert – mit viel Zeit und der Möglichkeit, durch das wiederholte Blättern im Buch die zahlreichen Geschichten zu entdecken und selbst (weiter) zu erzählen.
Für Geschichten, die tatsächlich von jungen Menschen gelebt werden, entschieden sich die Troisdorfer Grundschüler*innen, indem sie den Kinderjurypreis an das Buch „Activists“ vergaben. In ihrem eher dokumentarisch ausgerichteten Sachbuch illustrierte Patricia Thoma in Schwarz-Weiß-Illustrationen und mit farbigen Hervorhebungen sehr eindrucksvoll das Handeln junger Menschen, die aktiv die Zukunft gestalten und dazu beitragen, dass die Welt gerechter und vor allem lebenswerter wird. Text und Bild des Buches zeugen im Zusammenspiel von einer ungeheuren Kraft, die den Funken auf die Troisdorfer Schüler*innen überspringen ließ. Diese erkannten die in Buch und Bild angesprochene wichtige Thematik sofort, schätzten aber auch die hohe Qualität der Illustrationen. Beides überzeugte die Schüler*innen, im Jahr 2021 ihren Preis dem Buch „Activists“ zukommen zu lassen.
Mit der Preisverleihung, die am 5. September 2021 um 11 Uhr stattfinden wird, eröffnet das Bilderbuchmuseum zugleich die Ausstellung zum Troisdorfer Bilderbuchpreis. Die Ausstellung wird bis zum 21. November 2021 im Museum zu sehen sein. Sie zeigt eine Auswahl der eingereichten Arbeiten und damit ein abwechslungsreiches und repräsentatives Bild aktueller Bilderbuchillustration im deutschsprachigen Raum.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit zahlreichen farbigen Abbildungen sowie Texten von Ines Dettmann, Antje Ehmann, Christine Knödler, Pauline Liesen und Jennifer Walther-Hammel.
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