Montag, 5. Juni 2017

Skandal um Plagiat

Plagiat nennt man die gröbste Art von Okkupation,
wozu Kühnheit und Unverschämtheit gehört 
und auch deshalb eine Zeitlang glücken kann... 
Armseligen Menschen verzeihen wir solche Kniffe; 
werden sie aber, wie es auch wohl geschieht, 
von talentvollen Personen ausgeübt, so erregt es in uns, 
auch bei fremden Angelegenheiten, ein Mißbehagen, 
weil durch schlechte Mittel Ehre gesucht worden, 
Ansinnen durch niedriges Beginnen.
Johann Wolfgang von Goethe„Meteore des literarischen Himmels“, 1820 

Belohnung für Diebstahl
Im Zusammenhang mit Plagiatsvorwürfen fallen oft Begriffe wie „Verehrung“, „Zitat“, oder „Inspiration“. Dass die Grenzen zwischen Plagiat und Inspiration fließend sind, und es – juristisch betrachtet - schwierig ist, diese zu erkennen, zu ziehen und zu beurteilen, ist aus vielen Fällen in der Kunstgeschichte bekannt.
Der Koreaner Jungho Lee erhielt 2016 den großen internationalen World Illustration Award, verliehen durch The Association of Illustrators.  Jungho Lee imitiert, wie man hier unzweifelhaft sehen kann, nicht nur die Technik von Quint Buchholz, sondern auch Farbigkeit, Atmosphäre und Philosophie eines Künstlers, der sich mit seinen Bildern genau dadurch ein Alleinstellungsmerkmal über Jahrzehnte erarbeitet hat und international bekannt ist.
Skandalös ist, neben der Unverfrorenheit mit der der Koreaner Jungho Lee hier eindeutig und unzweifelhaft stiehlt, die Tatsache, dass eine Institution wie The Association of Illustrators dies nicht nur nicht erkennt, sondern den Dieb auch noch mit einem internationalen Preis belohnt.

Wer ist wer? Links die Originale von Quint Buchholz, rechts die Plagiate von Jungho Lee.

Nach meinem Protestschreiben an die preisvergebende Institution, bekam ich folgende Antwort: „...There was considerable debate during the judging process because of the similarities with Bucholz's work which of course we took very seriously. After much thought and consideration it was judged that while there are similarities in style, there is no direct copying...“ 

Demnach waren die Ähnlichkeiten mit Quint Buchholz der Jury durchaus bewusst und das halte ich für wirklich inakzeptabel. Gerade in Zeiten, in denen Urheberrechte mehr denn je gefährdet sind, sollten Institutionen, die sich, wie in diesem Fall, für die angewandte Kunst stark machen, die Rechte der Künstler verteidigen und sie nicht untergraben. Ich hoffe also, im eigenen und im Interesse aller Künstler, dass dieser Fall eine Öffentlichkeit bekommt, zumal Quint Buchholz einen großen Namen hat, den es zu verteidigen gilt.

Leider geht die Geschichte aus dem Jahr 2016 aber noch weiter: jetzt kündigt der Moses Verlag in München ein Buch von Jungho Lee mit folgendem unverfrorenem Werbetext an:

Jungho Lee
Promenade 
Gebundene Ausgabe
9. August 2017
16.95

"Zum Träumen und Sich-Verlieren. Jedes Buch ist der Beginn einer neuen Reise. In der Tradition von René Magritte und Quint Buchholz nimmt der südkoreanische Illustrator Jungho Lee alle Bücherliebhaber mit auf eine traumhafte Fahrt durch 20 atemberaubend schöne Szenen. Im luxuriösen Großformat, gedruckt auf extra-dickem Papier, lässt dieses Geschenkbuch Groß und Klein eintauchen in eine Welt voller Magie und Poesie." 
Wie sich die Bilder gleichen!

Ich würde mich über Solidaritätsadressen freuen unter der email Adresse: rsberner@t-online.de.
Unser Protest sollte sich auch gegen die Veröffentlichung des Buches im Moses Verlag richten. Der Verleger kennt unzweifelhaft das Werk von Quint Buchholz und scheut sich nicht, ein offensichtliches Plagiat zu verlegen, ja sogar mit dem Originalwerk von Quint Buchholz als Referenz zu werben. 

Rotraut Susanne Berner
Gründungsmitglied der „Stiftung Illustration“,
Autorin und Illustratorin

Übrigens: Jeff Koons wurde kürzlich zu einer Zahlung von 20.000 Euro verurteilt, weil er für eine farbige Skulptur ein schwarz-weiß-Foto des Fotographen Jean-François Baumet als Vorlage genutzt hat. Und das, obwohl sich Figur und Foto durch einiges unterscheiden. Hier kann man sich das genauer anschauen. 

5 Kommentare:

  1. So könnte man dann Buchholz auch vorwerfgen, dass er bei Magritte und Caspar David Friedrich abkupfert. Ich finde es quatsch, bei persönlichen Stilen von Künstlern zu verlangen, dass sie wirklich niemandem gleichen. So kann man dann Harry Potter vorwerfen, dem Herrn der Ringen und 20 anderen Kinderbüchern zu gleichen. Na und? Es sind alles hervorragende Bücher. Wenn jetzt jeder der etwas kreiert vorher gucken muss, ob auch noch nie ein andere etwas ähnliche gemacht hat, oder sich von nichts was vorher da gewesen ist mehr inspirieren lassen darf, dann wird nichts neues mehr entstehen.

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    1. Sehe ich auch so.

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    2. Hallo Anonym,

      eben das ist doch der springende Punkt: ein Plagiat oder eine Kopie ist kein "persönlicher eigener Stil". Sicher passiert es ab & an, daß Ähnlichkeiten vorhanden sind, die zufällig passieren. Aber das, was man dort auf den Bildern sieht, ist keine Inspiration. Das ist unverfroren. Erfahrungsgemäß sind die Vertreter Ihrer Sichtweise häufig keine Illustratoren oder anderweitig selbst in diesem oder ähnlichen Gebieten tätig. Sie kennen demnach weder den Prozess und die große Herausforderung einen eigenen Stil zu entwickeln und zu pflegen, noch die grenzenlose Verletzung, die man empfindet, wenn eigene Ideen schamlos abgekupfert und von Anderen arglos beklatscht werden. Leider nimmt der Ideenklau durch die technischen Möglichkeiten rapide zu und zu meiner großen Verwunderung scheinen das Viele absolut legitim zu finden. Das werde ich nie verstehen können. Ich finde es auch unverständlich "Harry Potter" und "Herr der Ringe" als Beispiele zu bemühen. Ich gebe Ihnen aber insofern recht, daß es wahrscheinlich viele schlechte Kopien von beiden Bücherreihen gibt. Ich frage mich immer, wie die Leute, die in fremden Bilderwelten räubern, sich selbst noch im Spiegel anschauen können.

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  2. Wäre ich Juristin, würde ich hier urteilen, dass Jungho Lee höchstens Ideen für Motive übernommen hat (was zulässig ist), aber kein Motiv plagiiert hat. Ich sehe Inspiration von Quint Buchholz, aber eigene Motive und keine Kopien!

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  3. Im Artikel vom Deutschlandfunk http://www.deutschlandfunk.de/jungho-lee-kunst-oder-plagiat.1202.de.html?dram%3Aarticle_id=391946 wird dazu deutlich, dass Jungho Lee sich bei Quint Buchholz über dessen Stil und Machart erkundigt hat. Ich bin auch der Ansicht, dass Kunst sich aus Bekanntem entwickeln kann, aber es "keine Kunst" ist sich an etwas abzulehnen, das bereits besteht. Kunst hat was mit der Intuition, dem gedanklichen Vorstellen und individuellen Umsetzen zu tun. Hätten beide zur selben Zeit ähnliche Werke vollbracht, würde man von Zufall oder gesellschaftlichem Kollektiv sprechen, als Vorreiter eines Stils, aber dem ist nicht so. Hier sollte deutlich dem "Lehrer" der Preis in den Schoß fallen.

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